Die bekanntesten Aufreger im Faktencheck

Wir alle kennen das: Kommt das Gespräch im Bekanntenkreis aufs Thema Fairer Handel, gibt es meist jemanden, der behauptet, das wäre sowieso alles nur schöner Schein. Der Anteil an fairen Zutaten in den Produkten sei zu gering und die Mehrerlöse aus dem Fairen Handel kämen bei den Produzent:innen gar nicht an. Immer wieder begegnen uns Missverständnisse über Fair Trade in der öffentlichen Wahrnehmung. Die gängigsten Mythen wollen wir in unserer Blog-Serie beleuchten und überprüfen.

MYTHOS #03

„Fair gehandelte Produkte sind immer teurer als konventionelle.“

Pauschal kann man das mittlerweile tatsächlich nicht sagen. Gerade bei Kaffee gibt es enorme Preisunterschiede je nach Hersteller und Kaffeequalität. Sehr viele konventionelle Kaffees sind deutlich teurer als fair gehandelte. Doch im konventionellen Handel bedeutet ein höherer Preis nicht unbedingt, dass die Produzent:innen mehr verdienen. Im Gegenteil – üblicherweise bleibt der Gewinnbatzen bei Hersteller:innen und Handel hängen.

Dagegen sind im Fairen Handel die Gewinnspannen oft deutlich schmaler. Das liegt am Preisdruck des Handels. Da mehr an die Produzent:innen am Anfang der Lieferkette gezahlt wird, muss am Ende die Herstellerin / der Hersteller zurückstecken, will man konkurrenzfähig bleiben. Bei Gewinnspannen wie sie im konventionellen Handel üblich sind, müssten fair gehandelte Produkte eigentlich sogar wesentlich teurer sein. Doch sie stehen eben preislich in Konkurrenz zu konventionellen Produkten und dadurch unter einem gewissen Druck.

All dies sind Gründe, weshalb faire Kaffeehersteller:innen wie ONE und nuru coffee sowie Transfair e.V. z.B. die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee fordern. (abgeschlossene Petition von Transfair / laufende Petition von One) Dadurch würde fairer Kaffee noch deutlich konkurrenzfähiger werden. Zudem wäre dies ein Anreiz für den konventionellen Handel, mehr fair gehandelten Kaffee auf den Markt zu bringen.

Abgesehen vom Thema Gewinnspannen gibt es heute eine große Bandbreite fair gehandelter Produkte, gerade im Lebensmittelbereich. Darunter sind auch viele sehr preiswert. Besonders günstige Fairtrade-Produkte gibt es oft im Supermarkt. Da die meisten großen Supermarktketten mittlerweile Fairtrade-Kaffee, -Tee und -Schokolade in ihrem Hausmarken-Sortiment führen, gibt es dort Fairtrade-Produkte zu kaufen, die nicht teurer sind als konventionelle. Selbst bekannte Markenhersteller sind manchmal Fairtrade-zertifiziert. Sie alle haben den Vorteil, dass sie durch Mischkalkulationen bei anderen, konventionellen Produkten ihres Sortiments höhere Gewinne einfahren können, um kleinere Spannen bei Fairtrade auszugleichen.

Das Argument „fair gehandelte Produkte sind im Vergleich immer teurer“ ist also heute durch den breiten Markt und die Vielfalt der Anbieter:innen nicht mehr haltbar.

07 September 2021